Patientenfall von Dr. Georg Richtig, PhD, Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, LKH-Univ. Klinikum Graz, Medizinische Universität Graz
Anamnese
Ein 69-jähriger Patient wurde im Rollstuhl sitzend (ECOG 2) in der Tumorambulanz mit einem neu diagnostizierten Adenokarzinom der Lunge vorgestellt. Der Patient wurde in einem peripheren Krankenhaus initial wegen Husten und Dyspnoe stationär zur weiteren Exploration aufgenommen. Im Zuge der Abklärung zeigten sich im CT multiple verdächtige Rundherde in der Lunge, sowie Knochenherde und Rundherde in der Kutis. Aufgrund des ausgeprägten schlechten Allgemeinzustandes des Patienten wurde entschieden aus einer Hautmetastase eine Histologie zu gewinnen und hier zeigte sich die Diagnose eines TTF1 positiven Adenokarzinoms der Lunge. Eine immunhistochemische Aufarbeitung gegen PD-L1 zeigte kein positives PD-L1 Expressionsmuster und bei einer Next-Generation Sequenzierung zeigte sich eine KRASG12C (VAF ~65%) Mutation. In Zusammenschau aller Befunde ergab sich bei dem Patienten somit ein TTF1pos, KRASG12C mt, PD-L1 negatives Adenokarzinom der Lunge im Stadium IV. Der Patient hatte einen ausgeprägten Nikotinkonsum (20 Zigaretten pro Tag seit dem 19 Lebensjahr), sowie einen Alkoholabusus (2 Bier pro Tag). Der Patient lebte bis zum Zeitpunkt der klinischen Vorstellung alleine zu Hause ohne zusätzliche Hilfe oder Verwandte.
Prozedere
Aufgrund der Tatsache, dass der Patient ein PD-L1 negatives Adenokarzinom der Lunge hatte und für eine systemische Chemotherapie aufgrund seiner Komorbiditäten, sowie seines gegenwärtigen klinischen Zustandes (BMI 15,5) nicht tauglich war, wurde dem Patienten Sotorasib als Erstlinien-Therapie bei einer im Tumor detektierten KRASG12C Mutation angeboten. Als Alternative wäre dem Patienten ein Versorgungskonzept nach Best Supportive Care angeboten worden. Der Patient entschied sich für Sotorasib und aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes und der Kachexie wurde mit einer reduzierten Dosis von 120 mg 2-0-0 p.o. q.d. begonnen. Im weiteren Verlauf besserte sich der Zustand des Patienten, Sotorasib wurde sehr gut vertragen und er war nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen, sondern war wieder kräftig genug, alleine und ohne Fremdhilfe zu gehen. Klinisch nahm der Patient wieder Gewicht zu und die kutanen Metastasen wurden zahlenmäßig kleiner und in der Palpation flacher. Nach drei Monaten wurde wieder ein CT-Staging durchgeführt, bei dem sich eine partielle Remission zeigte. Sechs Monate nach Beginn der Therapie erfolgte wieder eine CT-Staginguntersuchung, in der sich eine noch immer anhaltende Response der vorbekannten Metastasen zeigte, jedoch zeigte sich im Gehirn eine neu aufgetretene Läsion. Der Patient erhielt aufgrund dieser neu aufgetretenen Hirnmetastase vom örtlichen Strahlentherapiezentrum eine Vorstellung zur Bestrahlung, jedoch verstarb er bevor er seinen Termin am Strahlentherapiezentrum wahrnehmen konnte.